Noten, Workload und offene Fragen

Bachelor Studiengänge sind grundständig – sie führen nach einer wissenschaftlichen Ausbildung an einer Hochschule zu einem berufsqualifizierenden Abschluss und zum ersten akademischen Grad des mehrstufigen Studienmodells von Bachelor / Master.

Während des Bachelor Fernstudiums erwerben die Studierenden grundlegende fachliche und methodische Kompetenzen und erhalten einen Überblick über die Zusammenhänge innerhalb der gewählten Studienrichtung. Mit dieser Zielrichtung soll das Erststudium deutlich an Praxisorientiertheit und internationaler Ausrichtung gewinnen.

Bachelorabschlüsse sind in ihrer Wertigkeit mit Diplomabschlüssen an Fachhochschulen gleichzusetzen.

Mit der Vereinheitlichung der Studienstrukturen wurde auch an der Angleichung der Bewertungskriterien gebastelt.

ECTS & Workload – ein Buch mit 7 Siegeln?

Mit dem ECTS-System (European Credit Transfer and Accumulation System) sollen Quantität und Qualität von erbrachten Studienleistungen europaweit bewert- und vergleichbar gemacht werden – das ist eine echte Herausforderung!

Zu diesem ECTS-System gehören Leistungspunkte (LP) oder Credit Points (CP) und Grades.

Leistungspunkte, Workload und Credits

Die ECTS-Leistungspunkte oder Credits dokumentieren anhand der geleisteten Stundenzahl die Quantität der Studienleistungen und spiegeln den studentischen Arbeitsaufwand, den Workload, in Relation zu den Lehrzielen der Studienmodule wider. Der Workload beinhaltet nicht nur die unmittelbare Präsenzzeit während Vorlesungen, Seminaren oder Prüfungen (Semesterwochenstunden SWS), sondern auch die effektiv notwendige Lernzeit einschließlich Vor- und Nachbereitungen.

In der studentischen Praxis entsprechen 30 Arbeitsstunden einem Leistungspunkt, wobei von der Kultusministerkonferenz 1.800 Stunden als Höchstgrenze für den jährlichen Arbeitsaufwand eines Vollzeit-Studierenden festgelegt wurden. In einem 3-jährigen Bachelor-Studiengang sind also 180 ECTS-Punkte zu sammeln und 4.600 Stunden zu studieren.

Hätten Sie gedacht, dass ein Bachelor Studium einer Vollzeitbeschäftigung mit 6 Wochen Urlaub pro Jahr entspricht? Eigentlich haben wir bisher eher angenommen, dass es sich „ganz schön“ studiert, oder?

Grades und Noten

Die Qualität der Studienleistungen wird heute mit ECTS-Grades (Noten) gemessen, die auch im europäischen Hochschulraum auf verschiedene Benotungsregularien übertragen werden können.

Die ECTS-Grades entsprechen jedoch nicht dem uns bekannten deutschen Schulnotensystem, sondern sind relative Werte. Vielmehr geben die Grades die Rang- oder Reihenfolge von Studierenden nach einer erfolgreichen Prüfungsleistung anstatt der absoluten Ergebnisse wider.

So erhalten Studierende bei Erreichen eines Modulziels einen A-, die schlechtesten einen E-Grade. Dennoch ersetzen die Grades nicht unsere deutschen Noten, sondern werden ergänzend angegeben. Über Transparenz und Aussagekraft dieser Bewertungsmodelle wollen wir hier allerdings nicht befinden.

Praktisches Beispiel: Wenn mehrere Studierende das gleiche Modul belegen und die erforderlichen Prüfungsergebnisse erreichen, erhalten zwar alle die gleiche Anzahl an ECTS-Punkten, aber wahrscheinlich verschiedene Noten (ECTS-Grades) für die Bewertung der Studienleistung.

ECTS bei Studienabbruch

Das ECTS-System soll nicht nur internationale Leistungs-Vergleichbarkeit gewährleisten, sondern kann auch für Studienabbrecher bei weiteren Bewerbungen hilfreich sein. Die während eines Studiums erworbenen Studienleistungen können in Bewerbungsverfahren dennoch die Leistungsfähigkeit von ehemaligen Studierenden dokumentieren, die betriebliche Einarbeitung verkürzen oder als Nachweis von „Teilkenntnissen“ dienen.

Ist der Bachelor „Ein-Fach“?

Jein! Bachelor Studiengänge werden entweder als Ein-Fach- oder Zwei-Fach-Bachelorstudium angeboten.

Ein-Fach-Studien (auch Mono-Bachelor) bestehen – wie der Name schon sagt – aus „nur“ einem Fach, und wir finden diese etwa bei natur- oder ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen wie Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen, Mathematik, Chemie, Physik oder Biologie, aber auch Soziale Arbeit oder Betriebswirtschaftslehre.

Zwei-Fach-Studien (auch Kombi-Bachelor) bestehen entweder aus der Kombination zweier Hauptfächer oder eines Kern-und Nebenfachs wie wir sie von Lehramts-Studiengängen kennen (z.B. Physik / Informatik). Medien- und Kommunikationswissenschaften oder Philosophie zählen ebenso dazu.

Ob Ein-Fach oder Zwei-Fach: Dies hat keine Aussagekraft über den Schwierigkeitsgrad der Studiengänge!

Sofern Sie bei Zwei-Fach-Studiengängen einen weiterführenden Master anschließen möchten, kann es passieren, dass Sie nur ein Fach weiter vertiefen können. Rechtzeitiges Informieren ist hier angebracht!

Bachelor gleich Bildungsqualität?

Die mit der Einführung des Bachelor erhofften Vorteile – insbesondere kürzere Studienzeiten, weitere Flexibilisierung und internationale Vergleichbarkeit – haben bisher noch nicht überzeugt. So geben hohe Studienabbrecherquoten wie etwa in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen, längere Studienzeiten oder die verschwommene Wertigkeit des Bachelor ohne weiterführenden Master durchaus Anlass zur Kritik.

Die ganzheitliche Bildung bleibt immer mehr auf der Strecke, während wir nur noch nach dem Arbeitsmarkt schielen. Zudem trauen wir – neben schlechten Studienbedingungen in deutschen Hörsälen – der „Generation Bachelor“ immer weniger kritisches Denken, Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein zu. Also nicht kleckern, sondern klotzen!

Tags:bachelor

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